Titel Kampfsport als Katalysator und Instrument gesellschaftlicher Ideologien
Autor*innen Martin Joh. Meyer
Beitrag in Journal of Martial Arts Research, 2020, Vol. 3, No. 2
Schlagworte Faschismus; Sozialismus; Nationalismus; Sportkultur
Doi 10.15495/ojs_25678221_32_139
Zitationsvorschlag
Meyer, M. (2020). Kampfsport als Katalysator und Instrument gesellschaftlicher Ideologien. Journal of Martial Arts Research, 3(2), 12. https://doi.org/10.15495/ojs_25678221_32_139
Zusammenfassung
Die Geschichte zeigt, dass viele unbewaffnete Kampfkünste zivilen Ursprungs sind. Vor
allem in China waren Kampfkunstgruppen eng verbunden mit subversiven Geheimbünden,
deren Netzwerke sich beispielsweise im Boxer-Aufstand offenbarten.
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts, dem Jahrhundert der Ideologien, wurden viele Kampfkünste
von einer Rebellenkultur in die nationalistischen Staatsideologien übertragen. In
Japan verkamen nach dem Ende der Meiji-Restauration Jūjutsu, Jūdō und Karatedō zu einem
kriegsdienlichen Wehrsport und auch in Deutschland wurden Boxen und Jiujitsu ähnlichen
Zwecken unterworfen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs konnten sich viele Kampfkünste von ihrer ideologischen
Instrumentalisierung erfolgreich entlasten, indem sie im globalen (z.B. Karatedō)
oder regionalen (z.B. Sumō) Sportverständnis aufgingen und sich als traditionelles Element
der übergeordneten Gesellschaftskultur redefinierten. Einige Gesellschaften verstehen
mittlerweile ihre indigenen Kampfsportarten als bedeutendes patriotisches Kulturgut bzw.
Nationalsport, z.B. Capoeira in Brasilien, Taekwondo in Korea oder Muay Thai in Thailand.
Vor allem in sozialistischen Staaten hingegen wurde der Kampfsport ideologisch neu magnetisiert:
Mit den Wushu entstand im kommunistischen China ein Zusammenschluss traditioneller
chinesischer Kampfsportarten, der sich vor allem auf akrobatische Effekte konzentrierte
und sich vermehrt von seinen kampfpraktischen (und damit sektiererischen)
Wurzeln entfernte. In der DDR wurden die Kampfsportarten zur ideologischen Jugenderziehung
genutzt und z.T. auch als vormilitärischer Wehrsport instrumentalisiert.